Jahr: 2013
Autor/in: Andreas Brugger
Titel: Ein Sommernachtstraum
Mehr dazu: literatur-reports/239-2014-03-04-carpe-diem-literaturpreis-2013

Der kühle Nachtwind lässt die Blätter der Bäume rascheln. Grillen zirpen. Das Prasseln des Lagerfeuers ist angenehm und einlullend zugleich. Der große, bleiche Vollmond steht am Himmel und taucht den dunklen Wald und die Wiese, auf der du sitzt, in ein angenehm kühles Licht.
Glühwürmchen tanzen über das Gras, auf und nieder, hin und her, als ob sie etwas suchten. In der Nähe ruft ein Käuzchen: "Kiwitt, kiwitt" … flink huschen Schatten knapp über dir durch die Luft - Fledermäuse, auf der Jagd nach den Insekten der Nacht, die vom Licht des Lagerfeuers angezogen werden.
Rund um dich am Feuer, auf halben Baumstämmen, sitzen deine Freunde. Sie reden leise, wie um niemanden zu stören, vielleicht, um die Stimmung aufzunehmen, aufzusaugen, wie ein Schwamm. Jeden Augenblick dieses kostbaren Moments zu inhalieren, und ihn in die Schatztruhe mit den anderen schönen Erinnerungen zu legen, zur späteren Erinnerung.
Einer stimmt ein Lagerfeuerlied auf der Gitarre an, ein ruhiges, stilles, fast schon ein wenig melancholisches.
Die Gesichter strahlen. Liegt es am warmen Schein des Feuers? Oder daran, dass alle lächeln und glücklich zu sein scheinen?
Ein Schälchen mit Erdnüssen wird herumgereicht.
Jeder hält einen Spieß und nimmt von einer hölzernen Platte, wonach ihm der Appetit steht: Würstchen, Fleischstücke, Gemüse ... auch Marshmallows.
Ein Krug mit kühlem, klaren Wasser wird herumgereicht, und ein anderer Krug mit süßem Rotwein in der anderen Richtung.
Jetzt stimmt der Gitarrenspieler ein neues Lied an, schneller, fröhlicher, rhythmischer. Einige springen auf, beginnen, zu tanzen, übermütig, ungehemmt, ungeniert. Die Funken des Lagerfeuers scheinen ebenfalls zu tanzen, von der heißen Luft getragen, hinauf, immer weiter hinauf, bis zu den Sternen.
Die Sterne. Das ganze Firmament ist voller Sterne. Sie funkeln und strahlen, und es sind so viele, so unglaublich viele ...
Manche Blicke wandern immer wieder hinauf, sind fasziniert von der Schönheit, aber auch von der Weite, der Größe, die sich nur erahnen lässt.
Andere bleiben mit ihrem Blick am Boden, genießen die Freuden, die diese Nacht zu bieten haben.
Sie tanzen nun fast alle, wild, durcheinander - die Musik wird schneller, lauter, ungestümer. Dennoch nicht störend, es wirkt, als ob die Musik ein Teil dieser Nacht wäre, ein Soundtrack, der das Gesehene, Gehörte, Gerochene, Gefühlte noch intensiver macht.
Der Duft nach feuchtem Gras. Glitzernde Augen im Unterholz. Gänsehaut.
Der Tanz wird noch schneller, ekstatischer, die Gitarre hebt ihr Tempo noch zu einem letzten Höhepunkt ...
Dann scheint die Zeit stehenzubleiben. Der Moment wird plötzlich zur Ewigkeit, dehnt sich aus, umfasst alles, jeden, jede Empfindung, jedes Gefühl, jede Wahrnehmung. Ein Schauer von Energie durchströmt dich. Es ist ein perfekter Moment.
Du weißt, ihn jetzt festzuhalten, würde ihn zerstören, wie einen zarten Schmetterling. Also genießt du ihn, solange du kannst, und lässt ihn ziehen, als er sich langsam verflüchtigt.
Die Empfindungen werden nach dieser Intensität wieder normal, ebben auf ein gewohntes Niveau ab - immer noch schön, immer noch unvergesslich - aber dieser magische Moment ist vorüber.
Die Nacht neigt sich dem Ende zu.